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Das Gebetshaus der Brüdergemeinde

18. sajandist


Das Gebetshaus der Herrnhuter wurde in den 1780ger Jahren im Bauernhof Paka im Dorf Tuiu im Kirchspiel Mustjala errichtet und 1965 ins Museum gebracht. Vermutlich begann man schon in den 1730ger Jahren auf der Insel Saaremaa Gebesthäuser von Brüdergemeinde zu bauen, wo die Bewegung zahlreiche Anhänger hatte.



Das in Estland selten vorkommende einfache Gebäude mit einem Raum unter dem Fettendachstuhl und mit einer armen Innenausstattung widerspiegelt Grundideen der Brüdergemeinde – Demut, Frömmigkeit, Glauben an die Erlösung durch das Blutopfer Jesu und durch Glauben an ihn.

In der Mitte des Gebetshauses ist ein Raum unter dem Fettendachstuhl – ein Küchenraum mit einer Steinmauer, dessen Decke eine mit Ton bedeckte Rutengebewebe, Dachstuhl, bildet. In der Ecke gibt es einen offenen Herd, von hier aus wurde auch der Ofen des Gebetsraums geheizt. Ein Balkenschornstein führt den Rauch über die Decke. So ein sogenanntes fränkisches Heizsystem gibt es in estnischen Bauernbauten nur im Westteil der Insel Saaremaa.

Die Bewegung von Herrnhuter bzw. der Brüdergemeinde, der äußest pietistischen Freigemeinde der lutherischen Kirche wurde Anfang der 1720ger Jahre in Deutschland durch den Grafen N. L. von Zinzendorf gegründet. Bald kam sie über gebildetere Schriftsteller-Gutsherren-Pastoren auch nach Estland. Mit dem Herrnhutertum hoffte man die Bevölkerung dem Christentum näher zu bringen. Das gelang auch, obwohl nicht immer in einer den Herren gefallenden Form. Aus Deutschland kamen nach Estland predigende Brüder, die Estnisch erlernten, sie gingen in Dörfer, hielten Gebetsstunden ab. Aus den durch die Brüder erweckten Dorfbewohnern entwickelten sich örtliche Prediger, auch Predigerinnen. Die Brüder brachten dem Landvolk das Lesen und sogar das Schreiben bei, damit man die Bibel lesen und eigene relgiöse Gedanken aufschreiben kann. Sie betonten die Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen. Das erhöhte das nationale Selbstbewusstsein der Landbevölkerung.

Trotz schwieriger Verhältnisse begann das einfache Volk sich Gebetshäuser zu bauen. In Gebetsstunden wurde viel gesungen und über religiöse Gefühle gesprochen. Der sogenannte sündhafte Volksglaube, Volksinstrumente, Volkslieder und Volkstänze, bunte Trachten fielen in Ungnade und wurden oft gar nicht gebraucht.


In Jahren 1743-1764 war die Bewegung der Brüdergemeinde aufgrund des Druckes von Gutsherren verboten, wegen der Angst vor dem übermäßigen Selbstbewusstsein von Bauernhatten, dann war man illegal tätig. Während der Herrschaft von Katharina II. erlaubte man der Brüdergemeinde wieder, die Gebetsstunden abzuhalten.


Hofplan


1 – Gebetsraum, 2 – Raum unter dem Fettendachstuhl, 3 – Schlafzimmer, 4 – Flur



Schon gewusst?


  • 1739 erschien unter Unterstützung des Grafen von Zinzendorf die erste vollständige Bibelübersetzung, die eine Grundlage für die estnische Schriftsprache bildete. Dank der Brüdergemeinde verbesserte sich Lese- und Schreibkundigkeit der Esten.
  • F.R. Kreutzwald, J. Hurt, J.V. Jannsen, C.R. Jakobson und viele andere damalige Kulturschaffende Estlands hatten einen herrnhutischen Hintergrund.
  • Eben die Brüdergemeinden haben den Begriff „Esten“ eingeführt.
  • Die Herrnhuter brachten in Kirchen den mehrstimmigen Chorgesang und legten Grundsteine zur Entstehung von Chören und Blaskapellen in Estland.
  • Unter Herrnhutern gab es auch Extremisten. Der aus dem Gutshof Haanja stammende Aufseher Tallima Paap propagierte völlige Askese, er organisierte das Peitschen von sich selbst und von seinen Jüngern, er predigte auch über den Verzicht auf einen ehelichen Geschlechtsverkehr, aber ebenso über die Umteilung von Gutshöfen unter Herrnhutern. Dafür wurde er vor das Amtsgericht Tartu geschickt, worauf Paap doch auf die Extremität verzichtete und weiterhin die üblichen herrnhutischen Grundsätze befolgte.
  • Im Gebetshaus des Museums kann man sich Tonwiedergabe von Liedern der Brüdergemeinde anhören.
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