Bauernhof Aarte

Aus dem Ende des 19. Jahrhunderts


Der Bauernhof Aarte ist ein Beispiel eines Kleinbauernhofes eines Fischers an der Nordküste in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Bauten des Bauernhofes stammen aus dem Landkreis Harju aus dem Kirchspiel Kuusalu, aus dem Bauernhof Aarte im Dorf Virve auf der Halbinsel Juminda. Der Bauernhof wurde 1982 den Besuchern eröffnet.



Die Fischerfamilie hatte nur 3-4 ha Land, auf dem Kartoffeln und Gemüse angebaut wurden. Das Brotkorn wurde mit den Bauernhöfen des Inlandes gegen Fisch getauscht. Die Haupteinnahmen bekam man eben aus dem Fischfang, zusätzlich verdiente man druch die Arbeit auf Schiffen und Bauobjekten. Die Fischer an der Küste des Finnischen Meeresbusens hatten Jahrhunderte lang enge Beziehungen zu Finnen. So gibt es in ihrer Sprache und Kultur viele finnische Einflüsse.

Das Leben von Fischern verbesserte sich in den 1870ger Jahren, wenn der Strandhandel aktiver wurde – vor allem wurden Kartoffeln nach Sankt Petersburg und Finnland verkauft.


Das Wohnhaus wurde vermutlich 1880 gebaut. Es wurde 1966 ins Museum gebracht und 1967-1968 aufgestellt. Das sogenannte zweiseitige Wohnhaus (Wohnräume auf beiden Seiten des Flurs) ist nach dem Grundriss für Nord- und Osteuropa typisch, es ist in der estnischen Bauernhofarchitektur eine Ausnahme und ist nur auf einem schmalen Streifen der Landspitzen Kuusalu verbreitet. Aus dem Flur führt eine Tür nach links ins Zimmer, in dem das Essen auf der Feuerstelle vor dem Ofen mit geschlossenen Hitzsteinen und Schornstein zubereitet wurde. Aus dem Zimmer kommt man in eine in der finnischen Art farbenfreudige Zimmerkammer, in der vor Fenstern rotkarierte Vorhänge hängen, auf Betten sind Patchworkteppiche und auf dem Fußboden Lappenteppiche. In der Ecke steht ein in Nordestland (auch auf Inseln) beliebter Schaukelstuhl. Die meisten Waren wurden aus Finnland gekauft. Auf der anderen Seite des Flurs liegt eine Flurkammer, die als Abstellraum-Speisekammer dient. In größeren ähnlichen Wohnhäusern schliefen im Sommer Mädels in der Flurkammer.

Der Speicher wurde in den 1860ger Jahren gebaut. Er wurde 1966 ins Museum gebracht und 1967 aufgestellt. Im Gebäude mit zwei Räumen ist links ein Lebensmittelspeicher, die sogenannte Strömlingkammer, wo Salzkübel, Fässe mit gesalzenen Störmlingen, Milchbütten, Netzbojen, Seile, während des nächtlichen Fischfang anzuwendende Feuerunterlagen u. a. standen. Rechts, im Kleiderspeicher, in der sogenannten Hofkammer standen Kleider und Spinnräder, Garnwinde, Mittel zum Weben von Fischnetzen, aber auch eine grüne Kiste eines Seemannes, der mal zu Hause zu Besuch war.


Der Viehstall wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut. Der Viehstall wurde 1979 ins Museum gebracht und 1979-1980 aufgestellt. Im Bauernhof gab es keinen Pferd, für das Bearbeiten des Landes musste aus dem Dorf ein Pferd geliehen werden. So gehörte der linke Stallraum der Kuh, 2-3 Schafen, dem Schwein und Hühnern, rechts wurde Heu gelagert.

Zum Bauernhof Aarte gehören auch zwei Netzschuppen: der im Kirchspiel Haljala in der 19./20. Jahrhundertwende gebaute Netzschuppen Vergi und der Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Netzschuppen Eisma.



Hofplan


1 – Wohnhaus, 2 – Speicher, 3 – Viehstall, 4 – Netzschuppen Eisma, 5 –Netzschuppen Vergi, 6 – Rauchofen



Schon gewusst?

    • Im Zimmer, vor dem Ofen unter der Decke trocknen dünne runde sogenannte finnische Brote, die ein Loch haben. Sie wurden 3-4 Wochen vor einer langen Meeresreise gebacken und getrocknet, weil gewöhnliches Roggenbrot auf dem Meer schimmelte. Vor dem Essen wurde das Brot in eine Flüssigkeit gesteckt, um keine Zähne zu zerbrechen. Das Fundament von Wohnräumen wird durch eine aus Balken gebaute und mit Sand oder Erde gefüllte Erdebank umgeben. Sie hält Wärme und läßt keinen kalten Meereswind unter den Fußboden. Manchmal wurde es im Sommer abgenommen, damit das Gebäude trocknen kann.
    • Die Küstenbevölkerung hat bis zum Ersten Weltkrieg den größten Teil von Bedarfsartikeln in Finnland gekauft. Aus Finnland kamen Regenmäntel und Mützen von Fischern, finnische Hausschuhe, karierter Stoff, kupferne Kaffeekessel, Schaukelstühle und finnische Schlitten, aber auch Kaffee und als Leckerbissen – Fisch in der Birkenrinde.
    • Schon Ende des 19. Jahrhunderts nahm das Küstenvolk von Finnen die Sitte vom Trinken des Bohnenkaffees über, die anderswo in Estland erst erst in den 1920-1930ger Jahren verbreitet wurde.
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